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Making Heimat:Statement zur Eröffnung des Deutschen Pavillons

ingenhoven architects unterstützt die Ausstellung MAKING HEIMAT im Deutschen Pavillon der heute beginnenden, 15. Architekturbiennale in Venedig. Die Ausstellung beschäftigt sich mit den aktuellen Herausforderungen, die mit dem Strom an Flüchtlingen verbunden sind. Sie wirft die Frage auf, welchen Beitrag Architektur und Städtebau zu einer gelungenen Integration leisten können.

Christoph Ingenhovens Statement zur Eröffnung des Deutschen Pavillons:

 

Café Deutschland

„A hole to see the sky through“ das war eine kleine weiße Postkarte mit einem kreisrunden Loch in der Mitte, die Yoko Ono 1972 auf der Dokumenta zeigte.
„…there is a crack, a crack in everything, that’s how the light gets in“ sagt Leonard Cohen. Und nun machen die vier Löcher in den ungeliebten deutschen Pavillon!


Bislang war sich der deutsche Pavillon selbst genug, wie sich ja die ganze Biennale und die Giardini selbst genug sind bis heute, eine ewige Selbstbespiegelung der Architekten und Ihrer Bewunderer. Dies ist nun vorbei, das Licht, die Welt drängt in die Szene und es ist noch nicht entschieden, ob diesmal unter dem Druck der äußeren Entwicklungen, Global Warming, Global Financial Crisis, Kriege, Hunger, Armut, soziale Ungleichheit, Informationsflut, europäische Krise, Flüchtlingskrise, anders als bisher, die Architekten wirklich in der Lage sind, von der Welt Notiz zu nehmen und von ihr zu lernen, statt ihrerseits die Welt zu belehren.
Bislang waren noch immer Wissenschaftler, Ingenieure, ja die ganze Welt schneller und weiter als die in ihrem fatalen Kunstbegriff befangenen Architekten. Als Corbusier die Schönheit der Technik für sich entdeckte, gab es diese Schönheit bereits, geschaffen von eben diesen Ingenieuren und Wissenschaftlern, die nicht auf die Architekten gewartet hatten. Nun ist die Selbstbespiegelung noch nicht vorbei, ja, sie könnte in diesem Jahr sogar einen weiteren Höhepunkt erlangen, wenn sich unter dem etwas martialischem Titel „reporting from the front“ herausstellen sollte, dass Architekten wieder meinen, die Welt müsste an Ihren Ideen genesen, statt sich als ein Teil einer an der Lösung der Weltthemen arbeitenden Gemeinschaft von Wissenschaftlern, Forschern, Politikern und Aktivisten, zu verstehen. Als ob die Welt auf uns gewartet hätte, um bei der Lösung ihrer sozialen und katastrophalen Probleme von uns ästhetisch oder wie auch immer belehrt zu werden. Es gibt aber auch Hoffnung, dass sich etwas Substantielles im Selbstverständnis der Architekten ändert, sie starten allerdings von weit hinten. So haben Architekten bislang noch immer getan was möglich war, nur weil es möglich war, selten haben sie daran mitgewirkt, diese Möglichkeiten zu schaffen oder zu erweitern, noch seltener haben wir bewusste Selbstbeschränkung betrieben und nicht getan was möglich, sondern was sinnvoll und angemessen ist. Es wird sich erweisen müssen, ob nun die Chance gegeben ist, dies zu ändern, oder ob diesmal unter dem Begriff des Sozialen eine weitere Runde im Fegefeuer der Eitelkeiten aufgerufen wird.

Man kann nun die Welt auch außerhalb des Pavillons sehen und wahrnehmen, dass man am Wasser und Teil eines der bezauberndsten Panoramen der Welt ist, dass wir all die weißen Wände nicht brauchen, um etwas von der Welt zu erfahren, dass das Leben da draußen ist und nicht in den noch so gut gemeinten Inszenierungen drinnen. Und die Welt kann in den Pavillon eindringen, einfließen. Der interessanteste Ort auf der Biennale war schon immer das Café Paradiso, wo wenigstens der Illusion gehuldigt wurde, es gäbe Kommunikation unter Architekten, wenn schon alle anderen draußen bleiben. Wo sind die Ingenieure, Konstrukteure, Handwerker, die Bauindustrie, die Bewohner, die Bauherren gewesen all die Jahre, wieso glauben wir Architekten, wir könnten ohne diese überhaupt etwas Sinnvolles zustande bringen?

Wie sieht die Zukunft des deutschen Pavillons nach diesem Eingriff der vier Fenster aus? Es könnte beim nächsten mal eine Art Cafe Deutschland daraus geworden sein, die Fenster als erster Bauabschnitt einer noch weitergehenden Öffnung und Umwandlung von einem Ort der Ausstellung und Präsentation zu einem Ort des Seins und des Austauschs mit Anderen? Oder die Fenster könnten der Auftakt zu einem wirklichen Eindringen der Welt in den Pavillon sein, einer Rückeroberung durch die Natur, einer ungeplanten und spontanen Ruinierung des Repräsentativen und Offiziellen und der Wiedergewinnung des Natürlichen? Sicher auch unter ästhetischen Gesichtspunkten reizvoll und logisch. Wie auch immer, man sollte die Öffnungen jedenfalls nicht rückgängig machen, ich wünsche dem Deutschen Pavillon eine Welt, die in ihn eintreten möchte und dort etwas Interessantes vermutet, etwas was der Mühe des sich durch die Fenster Zwängens wert ist.

Fotos: Kirsten Bucher/DAM.

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